Alles begann mit dem 1. Weltkongress der Leader der Jungen Polonia, der im Dezember 2024 von der Stiftung Polonia Świata bei World Polonia Council organisiert wurde. Der Programmpartner war der gemeinnützige Verein V.I.P. in Braunschweig, dessen Mitglieder Jugendprojekte verschiedener Art durchführen und dessen Zielstellung einen interkulturellen Austausch vorsieht. Hauptanliegen des Kongresses war es, ein Netzwerk zwischen den Vertretern der jungen Generation der polnischen Diaspora aus der ganzen Welt zu initiieren. Und genau das ist den Organisatoren gelungen. Das Dezembertreffen bildete nämlich die Grundlage für ein Projekt, das gemeinsam vom Bund der Polen in Rumänien und dem Verein V.I.P. in Deutschland geführt wurde. Das Braunschweiger Offtheater Zigarre, Mitglied der internationalen Gruppe Międzynarodowe Forum Perspektyw Kulturalnych, die sich für eine größere Präsenz des polnischen Theaters im Ausland einsetzt, reiste im Juli mit seiner neuesten Produktion „Maczek in Aleppo“ in die rumänische Bukowina. Die Wahl des Stücks war durchdacht: In diesem Jahr feierten wir den 80. Jahrestag des Endes des 2. Weltkriegs. Die Inszenierung handelt von der Geschichte der 1. Panzerdivision der polnischen Streitkräfte unter Führung General Maczeks und der sich aus dem Sieg dieser Einheit ergebenden polnischen Enklave in Deutschland in den Jahren 1945 bis 1948, die zur Ehre des polnischen Generals Maczkow genannt wurde. Die im Stück erzählte Geschichte führt die Zuschauer allerdings nicht nur in die Vergangenheit, sondern konfrontiert die damalige Situation auch mit gegenwärtigen Ereignissen. Und genau diese Verknüpfung macht diese Inszenierung so einzigartig.
Die hauptsächliche Zielgruppe des Projekt waren polnische Jugendliche, die an rumänischen Schulen zwar drei Stunden Polnischunterricht pro Woche, aber leider keinen Unterricht in polnischer Geschichte oder Geographie erhalten. Die Leiter des Verbandes der Polen in Rumänien suchten also nach einem neuen, frischen Angebot für junge Polen aus der Bukowina. Das Offtheater Zigarre wurde so zu einem perfekten Ansprechpartner, weil seine Gründerin große Erfahrung darin hat, Geschichte durch Kunst- und Theaterprojekte so zu vermitteln. Diesmal hat sie vorgeschlagen, den jungen Polen in Rumänien die Vergangenheit durch Entwicklung der Elemente der Szenographie dieses Hörspiels zu vermitteln. Vor den Aufführungen im Polnischen Haus in Nowy Sołoniec gab es also mehrere Tage lang Workshops, die als unkonventioneller Geschichtsunterricht aufgebaut waren. An ihnen haben die polnischen Jugendlichen aus diesem kleinen Ort und den umliegenden Dörfern teilgenommen.
Das Treffen der Vertreter beider Organisationen gab eine wunderbare Gelegenheit für einen gegenseitigen Erfahrungsaustausch. Das deutsche Team nahm an Veranstaltungen vor Ort teil und beobachtete, wie die polnische Minderheit dort ihre Wurzeln pflegt. Im Gegenzug berichtete das Offtheater Zigarre über seine eigene Arbeit in einer Stadt, in der Vertreter von ca. 170 Nationalitäten leben. So wurden unter anderem die Entstehungsgeschichte des Stücks erläutert und berichtet, wie es gelang, für das Projekt auch Teilnehmer aus anderen Ländern wie Syrien, Iran, China oder Spanien zu gewinnen und dadurch deren Interesse für die polnische Geschichte zu wecken. Die gegenseitige Darstellung der eigenen Arbeitsweise brachte die Projektpartner auf Ideen für zukünftige Initiativen. Das V.I.P Team möchte u.a. der multikulturellen Comunity Braunschweigs ausgewählte Traditionen der in der Bukowina lebenden Polen näherbringen. Die polnischen Jugendlichen in Rumänien konnten hingegen erkennen, dass eine gute Methode zur Darstellung der polnischen Geschichte auch die Neugier von Menschen mit nichtpolnischen Wurzeln wecken kann.
Der Höhepunkt des Projekts waren dreitägige Aufführungen des Stücks „Maczek in Aleppo“ mit einem von den Projektteilnehmern gestalteten Bühnenbild. Nicht nur Jugendliche, sondern auch Erwachsene nahmen an diesen teil. Darüber hinaus wurde auch eine spezielle Aufführung für Senioren organisiert. Diese musste an deren Bedürfnisse angepasst werden und bspw. Sitzgelegenheiten oder Audioverstärkungen eingesetzt werden. Das Team des Offtheaters Zigarre freute sich sehr, dass auch diese Gruppe der Polen aus der Bukowina Interesse an der Aufführung zeigte. Angesichts des thematischen und künstlerischen Interesses an dem Projekt und der hohen Besucherzahl aller Altersgruppen kamen sowohl die Projektpartner als auch der World Polonia Council zu der Schlussfolgerung, dass dieses Projekt erst der Beginn einer langfristigen Zusammenarbeit zwischen den Organisationen zur Unterstützung der Polen in beiden Ländern gewesen sein soll.
Autor: Agata Lewandowski
Fotos: Artur Ostrovschi, Elżbieta Wieruszewska-Calistru


